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sie ihm ganz", sagte er mit nassen Augen, sein Unrecht überdenkend.

            Plötzlich ward ungewöhnliches Leben im Löwentraut'schen Hause; die Gerichte kamen, taxierten Haus, Scheuern und Feld, denn durch die Putz- und Vergnügungssucht Hanna's und durch die große Leidenschaft zum Spiel und durch den Hang zum Trunk des Christian's war das Gut verschuldet, so dass man mit Recht sagen konnte, es waren kaum drei Ziegel auf dem Dache Christian's Eigentum.

            Es fehlten noch drei Tage bis zu dem Verkaufstermin. Alle Bewohner des Hauses waren in der größten Zerrüttung, der alte Vater hatte seine geringe Habe eingepackt und sich beim alten, mitleidigen Totengräber eingemietet; eben wollte er auswandern, als ein Gerichtsbote auf ihn zukommt und ihm ein Vorladungsschreiben überreicht. Am nächsten Morgen wankt er in die Gerichtsstube, da begann der Amtmann: "Lieber Löwentraut, ich fühle mich unendlich glücklich, Euch noch in Euern alten tagen eine unerwartete Freude zu bereiten. Ihr habt einen Bruder gehabt, Traugott mit Namen" -

            "Ganz recht, er war ein Spitzbube!"

            "Vergesst das, Alter. Dieser Bruder hat euch, wie man aus einem beiliegenden Briefe ersieht, 3.000 Taler entwendet, um seine Aussichten zu verwirklichen, - diesen Streich bereut er, und bittet euch um Verzeihung; diese werdet Ihr ihm nicht versagen, denn Ihr hättet doch auch diese 3.000 Taler Euern undankbaren Kindern gegeben. Euer Bruder ist gestorben, und hat ein Vermögen von 10.000 Taler hinterlassen, welches ich hiermit einhändigen soll."

            "Wo ist er gestorben?" fragte ganz erstaunt der Alte.

            "In Dresden, - denn die Gerichte von Dresden haben

seinen Nachlas besorgt. Nun will ich auch einen Rat geben, den müsst Ihr aber befolgen, versteht Ihr mich."

            "Recht gern, mein Herr Amtmann."

            "Das Gut Eurer Kinder muss, wie Ihr selbst wisst, Schulden halber verkauft werden. Kauft es für euch und schreibt es Euerm guten Enkel zu, ohne dass jemand etwas davon erfährt; nehmt einen redlichen Verwalter darauf, und lasst Eure undankbaren Seelen in das Gemeindehaus ziehen, damit sie fühlen und empfinden lernen, was es heißt leichtsinnig leben und undankbar sein. Wollt Ihr das?"

            Der Alte sah sinnend vor sich hin, er beweinte seinen Bruder, freute sich, dass er sich nicht ganz in ihm geirrt hatte, konnte sein Glück nach so vielen Kummertagen gar nicht fassen und blieb die Antwort schuldig.

            "Dacht ich's doch gleich," versetzte der Richter, - "dass Ihr

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