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die Güte ihres greisen Vaters kaum fassen, und riefen wie aus einem Munde: "Vater, Ihr müsst mit nach Pleisa, wir werden euch bis an Eurer Ende verpflegen!"

 

            Der Kauf war abgeschlossen, der Einzugsschmaus gehalten worden, und 3 Jahre waren vergangen, ohne dass sich etwas Besonderes ereignet hätte. Zuweilen tadelte der Vater die Vergnügungssucht seiner Kinder, indem sie sich kein Vergnügen, welches diese oder jene benachbarte Stadt bot, versagten: "Kinder, wenn Ihr so wirtschaften wollt," sagte er dann gewöhnlich - "da kommt Ihr auf den Hund." - Sie gaben wohl stillschweigend dem Vater recht, glaubten aber doch selbst so klug zu sein, um zu wissen, wie weit man gehen dürfe; - aber junge Leute, von denen viele klüger sein wollen als die Alten, wollen die gutgemeinten, moralischen Vorlesungen der Väter nicht gern hören, sie halten manche Ermahnung für einen Eingriff in ihre großherrlichen Rechte, für Missgunst und Neid. Dieses Alles konnte man aber unmöglich von dem redlichen Gottfried sagen.

            Der Enkel war zehn Jahre alt, als Sohn und Tochter dem Vater nur zu deutlich, zu auffallend merken ließen, dass er ihnen zu lange lebe, und dass sie seinen, ihm so lieben und treuen Pudel nicht gern mit ernähren möchten.

            "Vater," sagte die Tochter, als sie am Mittagstische saßen - "Ihr müsst nicht so schlürfen, das hört sich so garstig mit an."

            "Liebe Tochter" - entgegnete der Gekränkte - "wenn Du das Glück haben solltest, so alt, wie ich zu werden, so dürfte es Dir leicht eben so ergehen, nur wünsche ich Dir da eine duldsamere Schwiegertochter als Du bist."

            Das war das Zeichen zum allgemeinen Bruche. Christian war nicht mehr eingedenk des Guten, der Liebe, der Aufopferung des Vaters, er stimmte seiner Gattin jederzeit bei und es war beschlossen, den Vater in seiner kleinen Hinterstube essen zu lassen; allein keins von Beiden wagte es, dem Vater diesen Entschluss ins Gesicht zu sagen.

            Am nächsten Mittag fand sich der Vater wieder ein, begleitet von seinem Hunde. "Ihr wisst doch gar nicht was schicklich ist," - sagte schnippisch Hanna, - "Euer Hund darf sich durchaus nicht in unserer guten Stube aufhalten." Der Vater antwortete nicht. Heute hatte Hanna aber noch mehr an dem alten Vater auszusetzen, denn der letzte Zahn, der wie ein wahrer Einsiedler in seinem Munde gesessen hatte, war ihm am Morgen abgebrochen, und nun lief ihm die Suppe zum Teil oft am Kinn herab.

            "Hier

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