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wo ihn finden? Sollte er es dem Gerichte anzeigen, nein, das hieß die Löwentraut'sche Familie schänden, und doch hätte er sein mühsam erspartes Vermögen gern wieder erlangt gesehen.

            Seine treue Frau sagte: "Lass es gut sein, Gottfried, - Dein Bruder ist noch nicht so schlecht, dass er nicht der Stimme seines Gewissens gehorchen würde. Jetzt schläft sein Gewissen noch - lass es nur erst erwachen."

            Gottfried fand den Rat seiner treuen Gattin gut und tröstete sich einstweilen über den Verlust.

            Der Kurfürst von Sachsen, Vater August, bezog sehr gern das Schloss Augustusburg. Wenn August hier mit seiner hohen Gemahlin Anna (genannt Mutter Anna) lebte, so begleitete ihn auch sein Hofnarr, der Bruder Gottfried's, mit dem Namen Leberecht.

            Leberecht, der früher Erzähler im von Schönberg'schen Hause gewesen, nahm sich in seiner Narrenkleidung äußerst drollig aus. Seine runde turbanförmige mit drei Eselsohren und einem Hahnenkamm und vielen Schellen versehene Mütze, sein großer, gleichfalls mit Schellen besetzter Kragen, die Narrenkrause, sein Koller, der vergoldet und mit einem feingeschnitzten Kopfe verziert war, macht ihn äußerlich zu einem wahren Hanswurst. So lächerlich sein Anzug, so wenig lächerlich sein Witz; und war er zuweilen so glücklich einen recht lustigen Einfall gefunden zu haben, so konnte der Kurfürst, der durch die religiösen Händel und Wirren der Krypto-calvinisten, durch die Unzulänglichkeit seiner teuren, kostspieligen Concordienformel sehr ernst und nachdenkend geworden war, selten die Einfälle des narren belächeln und hatte sogar schon lange über die Abschaffung seines Hofnarren nachgedacht, konnte es aber wegen der Wahrheitsliebe und Gradheit des Leberecht Löwentraut nicht übers Herz bringen. Hörte er doch oft Dinge, die man ihm sonst oft verschwiegen haben würde; erführe er doch, ob seine Diener gerecht handelten, sowie die Meinigen und Beschwerden des Volkes durch ihn.

            Es war die Erntezeit des ewig merkwürdigen, durch die Pariser Bluthochzeit befleckten Jahres 1572, als August, Zerstreuung suchend, nach Augustusburg zog.

            Die Schnitter waren tätig und der Inspektor Roderich häufte die Garben auf dem Felde auf, weil die Scheunen nicht groß genug waren, den Segen des Herrn aufzunehmen. Männer und Frauen tätig, nur die kleine Hanna, Tochter des im Schlosse beschäftigten Zimmermanns Ehrlich, schlief bei den Krügen, die den Erquickungstrunk enthielten, sowie bei den Kleidern der Schnitter, bewacht von einem treuen Hund, der das Kind ein Jahr vorher aus der Zschopau rettete.

            Während das Kind so sorglos und ruhig wie ein Engel schläft, und die Mutter ohnweit desselben sich ihr Tagelohn zu verdienen

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