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            Die mannigfaltige Berührung, in welche ich bei unzähligen Vorfällen mit den Parochianen in diesen Zeiten kam, hat mir Gelegenheit gegeben, bis in die geheimsten Falten vieler Herzen zu blicken, und sowohl Gutes, als Böses da wahrzunehmen, wo ich Beides nicht erwartet hätte. Diese spezielle Menschenkenntnis meiner Gemeine, halte ich, als Religionslehrer für meinen größten Gewinn. Hier nächst hatte der öftere Umgang mit so vielen, zum Teil so fein gebildeten Männern, die aber ihre Worte oft auf Schrauben setzten, mir eine gewisse Gewandtheit der Sprache gelehret, welche mir, verbunden mit der sokratischen Methode, sehr nützlich war, als mir die Vorbereitung des Schwestermörders Morgenstern aufgetragen wurde, welcher vor drei Jahren zu Augustusburg die Vergeltung seiner Tat auf dem Rade empfing.

            Auch noch in anderer Rücksicht gewährt mir dieses Andenken an den Umgang und die Unterhaltung mit so vielen gebildeten und edlen Männern, von allen Konfessionen, eine höchst angenehme und herzerhebende Erinnerung an mehrere unter ihnen, welche nicht meinten, dass die Religion nur dann ihre Dienste leiste, wenn der Mensch dadurch ein geduldiges Lasttier werde, und sie daher nicht als eine Sache des Volkes, sondern als eine Angelegenheit des Menschen betrachteten, die nicht eine allein seligmachende Religion glaubten, sondern ein seligmachendes Leben.              

Magister Fr. G. Merkel."

 

            In dem Jahre 1814 wurde auch in Langhennersdorf bei Freiberg ein Waisenhaus errichtet, in welchem auch aus Stadt Schellenberg mehrere verwaiste Kinder untergebracht wurden. Es war überhaupt noch ein sehr trauriges Jahr, denn alles war teuer. Die Orte an der Strasse erhielten Einquartierung, denn es kamen viele Russen aus Frankreich zurück. Auch mussten viele Ausgleichungsgelder bezahlt werden, weshalb die Staatswaldungen sehr gelichtet wurden, um große Summen daraus zu gewinnen, denn es musste viel bezahlt werden.

            So verging das Jahr ohne besondere Ereignisse. Es winterte sehr zeitig, denn es fror zu Anfang Oktober schon Eis.

            So kam das Jahr 1815; man hörte dass die Großmächte in Wien zu einem Kongress beisammen wären, was auch so war. Erstlich ergab es sich, dass die sächsischen Herzogtümer mit dem Königreich Sachsen vereinigt würden, was jedem der Einwohner lieb sein konnte. Einige Tage späte erfuhr man, dass Sachsen über die Hälfte des Landes an Preußen abtreten musste; dies war gewiss für jeden Sachsen schmerzlich; was hatte es schon gelitten, fast alle Schlachten 1813 waren in Sachsen

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