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als wir zur Retirade blasen hörten. Nun dachten wir über den Berg zu sein und eilten auf den dritten Boden. Hier sahen wir, dass eine Anzahl Österreicher herüber gekommen und nicht 12 Schritte von meiner Wohnung auf die abziehenden Franzosen schossen. Nur wenige Augenblicke konnten wir auch hier verweilen; es sprangen Holzsplitter um uns herum und auch durch das auf Brettern befindliche Schindeldach prasselten die Kugeln, daher wir, wie ein flüchtiges Wild, unserm dermaligen Asyl, der Küche, wieder zueilten. Das Schießen hörte nach und nach auf; die Österreicher behaupteten ihre alte Position, und wir waren nur froh, dass während des Gefechtes Niemand in das Haus gekommen war. Und da wir nun alles beendigt glaubten, ob schon noch öfters Schüsse fielen, kam ein wütender österreichischer Dragoner durch den Hof in das Haus geritten und rief seinen Kameraden zu, dass sie mit dem Schießen aufhören sollten, indem sie schon auf ihre eigenen Leute geschossen hätten. Dieser war deswegen, weil er das Haustor nicht gleich offen gefunden, ob es gleich den Augenblick geöffnet worden war, so aufgebracht, dass es um meinen Kopf geschehen gewesen wäre, wenn ich mich nicht schnell genug gewendet hätte. Endlich nahm er eine Flasche Branntwein und sprengte zum Hause hinaus, mit dem noch blutigen Säbel in der Hand. -

            So endigte dieser Tag, der übrigens in den Annalen eines kleinen Dorfes dadurch noch merkwürdig wurde, dass am Nachmittag zwei Kinder aus Braunsdorf beerdigt werden sollten, mit welchen die schon auf dem Wege begriffenen Träger und Begleiter, wegen der eben entstandenen Affäre wieder umkehren müssen und auf den nächsten Kirchhof nach Wiese [Niederwiesa] gebracht haben, wo sie diesen Tag in der Kirche verwahret und des andern Tages in das erst bereitete Grab eingesenkt worden sind.

            Wir glaubten nun eine ruhige Nacht zu haben; aber schon nach Mitternacht weckte uns der Wächter, den wir in diesen Tagen hielten, und forderte Lichter für die neu angekommenen österreichischen Offiziere, wodurch daher auch die Verpflegung größer wurde. Durch die vermehrte Truppenzahl wurden nun alle Posten weit stärker besetzt und noch mehrere Vorsichtsmassregeln getroffen, wobei aber auch unsere Gäste weit unwilliger waren, als vorher. Hätten nicht die ohne Aufhören verlangten Verpflegungsmittel uns in beständiger Bewegung erhalten, so würde dieser Tag, an dem sonst kein Schuss fiel, so wie der folgende Morgen des 3. Oktober, wo die Zahl der Offiziere sich wieder vermehrt hatte, uns noch drückender geworden

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