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Übergang dienen musste. Und in dem Augenblicke, als die Brücke zusammenfiel, fing auch das Schießen auf der ganzen Linie jenseits der Flöhe an. Gleich nach den ersten sichern Anzeigen kamen die Weiber des obern Dorfes, wo die Franzosen zuerst hinkamen, mit ihren Kindern auf die Pfarrwohnungen, 63 an der Zahl. Ich brachte sie in Sicherheit, so gut ich sie gewähren konnte; aber ihr Weinen und Wehklagen war so herzzerreisend, dass ich mich nicht wieder damit befassen mochte. Noch war ich mit diesen Menschen beschäftigt, als ein ganzes französisches Infanterie-Regiment teils um meine Wohnung herum kam, und sich im Garten aufstellte, teils eine andere Abteilung auf dem Fahrwege an dem Garten hinunter zum Angriff bei der Brücke am Ende des Gartens eilte. Schon war das Schießen angegangen, als die Fensterladen meiner in den Garten gehenden Wohnstube noch offen waren. Der jenseitigen Kugeln wegen, die man pfeifen hörte, wollte Niemand hinaus, ich musste also selbst hinaus, wenn ich sie zugemacht haben wollte und hätte beinahe mein Ende gefunden. Denn als ich eben wieder in das Haus zurückkehren wollte, fuhr eine Büchsenkugel, nicht eine halbe Elle weit von meinem Kopfe, in eine bei dem Hause stehende Linde, dass mir die Borke mit Heftigkeit in das Gesicht flog. Im ersten Augenblick glaubte ich mich getroffen und sank etwas zusammen, dass meine Frau, welche inwendig die Haustüre in der Hand hielt, mich getroffen glaubte und heftig zu klagen anfing, bis sie das Gegenteil gewahr wurde. - Welche Empfindungen in diesem Augenblick meine Seele erfüllten, kann ich nicht beschreiben. Ich konnte ihnen aber nicht lange nachhängen, denn das schreckliche Schreien der Streitenden verursachte auch ein lautes Weinen und Klagen der Weiber und Kinder, dass ich nur laufen und sie zu beschwichtigen suchen musste. Über zwei volle Stunden dauerte das Schießen schon und noch bemerkte man keine Änderung, denn die österreichischen Scharfschützen standen wie die Mauern. Der Kommandeur war überall, ihre Büchsen trugen aber auch viel weiter. Verwundet wurden sehr viele, welche jeder Teil in Sicherheit brachte, aber nur wenige blieben. Weil ich einmal bei dieser Affäre auf meine Wohnung eingeschränkt war, so glaubte ich aus meiner besser gelegenen Studierstube deutlicher sehen zu können, ob das Gefecht sich bald enden würde. Aber kaum war ich da, so fuhr eine Kugel durch den halb offenen Fensterladen und zum Glück, in schiefer Richtung, in einen Riegel der hölzernen Wand. Meines Bleibens konnte auch hier nicht sein und daher eilte ich wieder zu den Hausgenossen in die feste Küche. Mit Sorgen harrte ich des Ausganges,

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