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Stelle kamen von Chemnitz her eilig einige Reiter, welche aber nichts kund werden ließen. Um den halben Mittag wurde es aber lebhafter; man erfuhr den Ausgang einer Schlacht und die Gothaer marschierten nach Oederan zurück, ohne eine Ordre erhalten zu haben. Je höher es am Tage wurde, desto voller wurde die Straße von Militärs zu Fuß und zu Pferde, von bedienten und anderen Menschen, alles im buntesten Gemisch unter einander, so viel die Straße nur fassen konnte, dass die vielen, mit allerlei Effekten beladenen Wagen oft nicht fort konnten. Mit dem Abend kamen schon viele Wagen mit Blessierten, und der übrige Tumult dauerte bis in die späte Nacht, und kaum war Mitternacht vorbei, so war am 4. Mai die Straße den ganzen Tag wieder so voll, dass fast Niemand gehen konnte, ohne Unterbrechung fuhr Wagen an Wagen mit blessierten Russen und Preußen, dass nach einer gemachten Zählung ihre Zahl 1.535 betrug und dazwischen Reiter und Fußgänger von allen Gattungen. Mitten in einem solchen Gedränge, kamen nach einander der Kaiser von Russland und der König von Preußen, in offenen Chaisen, welche wegen der vielen mit Blessierten angefüllten Wagen nicht geschwind fahren konnten. Dieser traurige Anblick, der mir das Herz weicher machte, entlockte auch ihnen häufige Tränen, wie ich selbst ganz deutlich gesehen habe.

            Während dieses zweitägigen Zuges auf der Straße ward mein Haus nicht einen Augenblick leer, sondern immer waren andere Menschen da, welche Befriedigung verlangten, und mittags und abends quartierte man sich selbst ein, bis die schon Anwesenden selbst keine mehr haben wollten. Vom 5. bis 7. Mai abends gegen 12 Uhr, hatten wir, außer einem starken Durchmarsch russischer Kürassiere fast nichts als Kosaken in großer Menge, welche bei den Bauern übel hauseten und besonders im Lehngerichte sehr großen Schaden anrichteten. Sie schenkten mir zwar auch nichts; denn es kamen immer 10, 20 und 50 Mann, die Verpflegung verlangten, aber doch keine Gewalttätigkeiten begingen, wenn sie gleich tobten. Am 6. Mai kamen auch viele, worunter auch ein Pope sein sollte, welche bei aller verlangten und erhaltenen Verpflegung dennoch immer neue übertriebene Forderungen machten, und als man ihnen nicht gleich willfahren wollte, im größten Zorn mit der

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