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die Reihe war an unseren Rochlitzer. Sprachlos hatte er seine beiden Kameraden hinsterben sehen. Noch stand er da, männlich und stolz, mit kreuzweisverschränkten Armen. Er schritt mit festen Schritte auf die Leiter zu, stieg zwei Sprossen hinauf - auf diese seine letzte Kanzel - wandte sich jetzt um, und sprach mit weithin vernehmbarer Stimme zu den Zuschauern:

            Sachsen, geliebte Landsleute, in wenigen Augenblicken bin ich nicht mehr, sterbe, wie jene, den elendsten, schmachvollsten Tod unter der Sonne. Mein Trost ist, dass mein Herr und Heiland, den ich ja einst meinen Landsleuten als Prediger des Evangeliums zu verkündigen gedachte, eines noch viel traurigern Todes verblichen ist. Noch gibt es genug treue Diener der Religion. Man bedurfte meiner nicht. Aber wohl bedarf das tief in den Staub der Knechtschaft hinabgetretene Sachsenland seiner Blutzeugen. Als dieser sterbe ich denn freudig, zwar da es Gott nicht wollte, nicht mit der Waffe in der Hand, auf dem Felde der Ehre - aber freudig, auch selbst auf dem Hochgerichte. Was an mir war, versuchte ich zur Befreiung aus fremden Knechtsdienste.

            Gedenkt meiner, wenn ich nicht mehr bin. Ich sterbe für mein Vaterland. Gott sei mit euch, der Helfer und Rächer unterdrückter Völker ......

            Ober ausgesprochen hatte, ob er gezwungen wurde, hier zu enden: es wirbelte plötzlich betäubender Trommelschlag darein. Er stieg von der Leiter herab. Der Nachrichter trat auf ihm zu. Die Trommeln schwiegen. Indem er seine goldene Uhr herauszog und sie dem Nachrichter schenkte, hörte ich ihn noch zum Nachrichter sprechen: Hier nimm, aber hörst du, mache es mit meiner Marter kurz, jetzt erst sah ich, wie er zu einem seitwärts am Galgen aufgestellten Henkerblock trat. Er legte die Hand darauf. Ein Hieb des Nachrichters mit dem Mordbeile, das dieser bis dahin unter seinem schwarzen Mantel verborgen hatte. - Die Hand lag vom Rumpfe getrennt. Blutbespritzt trat er mit vor Schmerz zusammengebissenen Lippen zur Leiter. Am Fuße derselben erwartet ihn ein zweiter Henkersknecht, der ihm nach der Zunge griff. Ein leichter Schnitt hatte sie vom Gaumen getrennt. Mit Hilfe dieses Henkers schwankte er die Leiter hinauf - der Strick umschlang seinen Hals - ein Fußtritt des obenstehenden Henkers - und Gott Dank! Er hatte ausgelitten.

            Der Greis, der mir es erzählte, weinte bitterlich, auch ich konnte mich der Tränen nicht enthalten - schreibt der Verfasser dieser Nachricht. -

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