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den einen Gegenstand, um die fremde Zwingherrschaft der Preußen. Unser Rochlitzer allein stimmte nicht mit in die Klagen ein. Nicht ob er dazu geschwiegen hätte; nein, er führte recht eigentlich vermöge seines zwar populären, aber wohlgebildeten Geistes das Wort, nur war ganz deutlich sein Bemühen dabei dahin gerichtet, beständig neue Details über alle die Bedrückungen der verschiedenen Landesteile zu erzählen, und so nutzlos verglimmende unmännliche Bedrängnis seiner anwesenden Kameraden zur Flamme unternehmender, tatenzeugender Erbitterung anzufachen. Gelang ihm das nun auch vermittelst seiner ergreifenden Beredtheit nicht selten, so war doch gemeiniglich die angezündete patriotische Regung der Gemüter freilich nicht von Dauer. Die zu große Niedergeschlagenheit der meisten von seinen Kameraden, aber noch mehr die Furcht vor der unerhörten Strenge des preußischen Kriegsrechtes, löschte, gleich kalten Wassers, die Glut kühner Vorsätze bald wieder aus. Denn allerdings hatte der patriotische Rochlitzer in Manches Brunst den Gedanken erweckt, bei der ersten schicklichen Gelegenheit den feindlichen Dienst durch die heimliche Flucht mit dem sächsischen zu vertauschen. -

            Mein Vater - schreibt der Erzähler dieses weiter - hatte die Absicht seiner meisten Abendgespräche - eine allgemeine Empörung missvergnügter Sachsen wohl bemerkt, war aber auch bei dem verzagten niedergeschlagenen Sinn der meisten andern allmählich von dem Misslingen dieses Planes überzeugt worden. Daher fragte dieser den Rochlitzer einst, warum er nicht für seinen Teil allein eine heimliche Flucht versuchen wolle, deren Gelingen er gar nicht bezweifle? Oder war es nur bei seinem biedern heldenmütigen Sinn die Abscheu vor jeder, sogar von der Vernunft gebotenen Flucht, oder war es, wie ich glaube, mehr noch die Hoffnung, seine Kameraden doch noch in Masse zum Aufstande zu bewegen, und so seinem Vaterlande einen nicht geringen Dienst leisten zu können: er schüttelte mit dem Kopf und meinte, dass er eher mit seinen Leidensgefährten vereint sterben, als allein fliehen werde.

            Einst war mein Vater abends auch wieder mit dem Rochlitzer in der Herrengasse zu Wein. Es war später als gewöhnlich, und als sie in die eine abgelegene Stube eintreten, in welcher sich gewöhnlich die missvergnügten Sachsen einzufinden pflegten, so fanden sie die zierlich geräumige Stube schon von einer großen Menge jener missvergnügten Abendgäste angefüllt. Des Rochlitzers Aufmerksamkeit zog bald ein Tisch auf sich, um den seine bekanntesten Kameraden nicht, wie gewöhnlich, sich unterhaltend, sondern heute schweigend saßen und aufmerksam

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