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eben so gut mit den Schlägen umgehen gelernt, und als er einst von einem berüchtigten Raufbolde gefordert wurde, ein Duell eben so rühmlich bestanden wie seinen Schulexamen. Daher wollte er auch nicht wie ein Ausreißer sich aus dem Staube machen, um bei der Mutter zu Hause hinter dem Ofen ruhig seinen Kaffe zu schlürfen und Winterstollen hineinzubrocken, während draußen das Vaterland seinen edelsten Lebenssaft verblutete, er wollte fechten, fechten und sterben für das Wohl seines Volkes.

            Mit diesen Gedanken ohngefähr war er ein Vierteljahr später, nebst seinem Regimente, auch in unsere Stadt Chemnitz eingezogen. Noch immer sehe ich ihn - schreibt der Erzähler - in der ersten Reihe des Regiments als stattlichen Flügelmann durch das Tor einziehen, unter den von Kummer gebleichten Gesichtern seiner Kameraden mit einem Gesicht, welches eben so sehr Mut und Seelenstärke, als von unterdrückte Grimme sprach. Auf dem Hauptmarkte hielt der Zug an; denke dir da meine Freude, als das Wort tret' ab kommandiert wurde, ich dann, wie wir Jungen zu tun pflegten, und wie ihr es auch mit der französischen Einquartierung tut, auf meinen Flügelmann zuteilte, um ihn in sein Quartier zu führen, wie ich da unsere Haus-Nummer darauf las.

            Es war ein Sachse, mein Vater auch, daher nahm ihn denn mein Vater mit Freuden auf, und wir teilten mit ihm das Wenige, was uns häufige Kontributionen gelassen hatten. Ruhte der Schmiedehammer, so saß er wohl auch stundenlang mit meinem Vater daheim, besprach sich mit ihm über den Jammer und das Elend Sachsens, über das Widerrechtliche des ganzen preußischen Einfalls, weil ihm keine Kriegs-Erklärung vorausgegangen wäre, und las wohl auch ein und das andere Mal ein schönes vaterländisches Lied vor, das er in stilleren Stunden selbst gedichtet hatte. Kam dann der Abend, so führte ihn mein Vater auf der Herrengasse zu Wein, und gewöhnlich mit dem Zapfenstreich kehrten sie zurück. Wie ich erst später von meinem Vater vernommen, hatten sich in demselben Wirtshause bald mehrere Sachsen eingefunden, die auf gleiche Weise zu dem preußischen Waffendienste gezwungen worden waren. Jeder Tag mit seinem neuen Plackereinen gab diesen Missvergnügen jeden Abend neuen Stoff zu neuen Klagen gegen die mitfühlenden Bürger unserer Stadt. Die Bürger, ihrerseits durch die überzählige Einquartierung und durch die großen Gelderpressungen des preußischen Kommandanten nicht weniger bedrängt und geengt, machten ihrem Herzen dann wohl auch einmal Luft, und so drehte sich den das Gespräch immer um

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