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dieses Werbeoffiziers; somit fiel auch die Wahl auf einen Leipziger Student, einem gesunden, kräftigen und wohlgewachsenen jungen Mann, der, wie er sich dabei ausdrückte, ein Mann wäre für Friedrichs Garde, besonders von Gott geschaffen; auch im Sohne des reichen Apothekers erkannte der Unhold ein würdiges Schlachtopfer seiner ungebundenen Willkür, und Heinrich musste Soldat werden; weder sein Stand, noch die demütigen Bitten seiner Mutter, noch die goldnen Versprechungen seines Vaters konnten ihn retten von dem preußischen Gamaschendienste. Herzergreifend, tränenreich und jammervoll war der Abschied von den bejahrten Eltern; Heinrich war in diesem Augenblicke ganz fühlendes Kind und gab sich in seinem Schmerze über die Trennung ganz hin, denn er wusste nicht ob er sie je wiedersehen würde - dann aber riss er sich plötzlich aus den krampfhaften Umarmungen der Seinigen los, und mit dem ersten Tritte heraus auf die belebte Straße hatte er aufgehört Kind zu sein; er schritt dahin, ein vom Unglücke noch unbeugsamer, stolzer Mann, und Niemand hat eine nämliche Klage aus seinem Munde vernommen, auch ich nicht in seiner letzten Lebensstunde, so schreibt der Erzähler. Mit zusammengezogenen Augenbraunen, mit verbissener Unterlippe, die Stirn von manchen tiefen Gedanken durchfurcht, war er noch zur selbigen Stunde mit seinen lautschluchzenden Unglücksgefährten zum Tore hinausgezogen. Mit derselben kaltblütigen Ergebung in sein Schicksal hatte er als Rekrut die unverdienten Rippenstöße roher preußischer Exerziermeister ertragen; nie verlor er selbst gegen seine Kameraden ein Wort darüber, dass ihn seine Offiziere, ganz ungebildete, grobe pommerische Krautjunker, täglich mit ihren Schikanen desto mehr turbierten [aufbrachten], je mehr sie heimlich von den Unteroffizieren die große Gelehrsamkeit des Rochlitzer Flügelmannes preisen hörten. Alles das Unglück, was ihn traf, achtete er nicht weiter; sein von Vaterlandsliebe glühendes Herz kannte nur noch einen großen Schmerz, den über sein unglückliches Vaterland, verbunden mit der schärfsten Erbitterung gegen den fremden Zwingherrn, und mit dem tiefsten Abscheu vor dem unnatürlichen preußischen Waffendienste, zu dem er gegen sein eigenes Vaterland gezwungen war. Sein einziger Wunsch war jetzt nur noch der, so bald als möglich die feindlichen Reihen verlassen zu können, und zu seinen sächsischen Mitbrüdern zu eilen, die sich bekanntlich hier und da in großer Menge selbst ranzionierten [freikauften], und sich bereits in Siebenbürgen zu einem neuen Heere gesammelt hatten. Der Rochlitzer war kein hasenherziger, waffenscheuer Federfuchser. Wohl hatte er auf der Hochschule, außer mit der Feder, auch

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