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            Den 15. Februar kam ein Leutnant mit 6 Mann auf Kommando in die hiesige Stadt zu Aussuchung der Deserteure, weil dieselben zu 10, 20 und 30 auf einmal desertiert waren, und der baldige Ausmarsch aus Sachsen - Gott sei Dank vermutet wurde. Es hat zwar besagtes Kommando nichts erhalten sollten, weil sie sich aber in dem hiesigen Gasthof einquartieren ließen und nicht zu den Bürgern, so ist ihnen täglich ein Zuschuss von 5 Gute-Groschen versprochen worden.

            Den 17. Februar marschierte das hier stehende Kommando wieder, und auch zugleich alle in dem ganzen Erzgebirge stehenden königlich preußischen Truppen, hinunter nach Torgau, Leipzig und Wittenberg. In Torgau sollte noch ein großer Vorrat im Magazin sein, in den vier Kirchen sollte alles voll sein. Da nun das Desertieren überhaupt gewesen ist, hat sich zuletzt in der Stadt Chemnitz unter andern auch folgendes zugetragen: Den Sonntag vorher hat es immer alle Tage geheißen, es wird marschiert; so hieß es auch den letzten Montag, wir marschieren morgen. Da nun ein Österreicher gerne wäre davon gewesen, so kaufte er sich für 2 Gute-Groschen Semmel; damit geht er in die Stadtkirche und lässt sich nachmittags mit darin verschließen. Als nun der Montag kam, wurde aus dem Marschieren wieder nichts; was war nun zu tun? die 2 Gute-Groschen Semmeln waren am Sonntag verzehrt; der große Hunger und die große Kälte hat ihn gezwungen, wieder den Dienstag früh herauszugehen, um sich zu melden. Derselbe musste noch selbigen Nachmittag Spießruten laufen, und den Donnerstag musste er auch mit marschieren. Da nun die Geschichte des schrecklichen Siebenjährigen Krieges fast zu Ende ist, so wird mancher Leser schon genug haben an dem, was Preußen an unserem Sachsenland für Gräueltaten verübt hat; es ist aber noch etwas von einem Augenzeugen vorhanden, was wohl wert ist, hier mit angeführt zu werden, was in Chemnitz geschehen ist und wohl alles Andere übertrifft.

            Nach Gefangennehmen der Sachsen bei Pirna war es nicht nur, dass die armen Sachsen unter die preußischen Regimenter kamen, sondern es mussten auch noch 9.000 Rekruten ausgehoben werden, welche gleichfalls unter die Preußen einverleibt wurden. Bei diesen Kriegstrubel waren auch die Studierenden von den Universitäten nach Hause gereist. Auch in Rochlitz war der Befehl ergangen, ein preußischer Offizier der zugleich erschien, solle die tüchtigsten und jungen Leute dazu auswählen; auch auf so manchen einzigen Sohn, die letzte Stütze und Hoffnung alter Eltern, in den von Tag zu Tag anwachsenden Drangsalen des Krieges, fiel das scharfe Späherauge

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