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            Der Hofschleusenräumer machte hierzu ein bedenkliches Gesicht. „So recht in der Nähe,“ sprach er stockend, „lässt sich unser allergnädigster Herr nur vor den Hofleuten und vornehmen Herrschaften sehen. Denn das gemeine Volk pflegt zu aufdringlich, gleich mit Bittschreiben und Kniefällen bei der Hand zu sein, wenn es dem Könige einmal zu nahe kommt. Und so etwas ist unserm allergnädigsten Herrn verdrießlich. Daher wird der Weg erst rein gekehrt, den der Herr zu nehmen gedenkt.“

            „Und dennoch heißt er der allergnädigste Herr?“ Fragte Fingerling voll Erstaunen. „ Unser Herrgott wird in der Bibel bloß gnädig geheißen. Aber zu ihm darf auch der ärmste und niedrigste Mensch treten und ihn um seine Gnade anflehen. Und das so oft und wann er will - bei Tage, wie bei Nacht.“

            „Ja, unser Herrgott!“ Erwiderte der Hofmann, „mit demselben darfst du unsern allergnädigsten Herrn nicht vergleichen. Der liebe Gott gibt nur. Nun, unser König und Kurfürst gibt wohl auch und manchmal sehr viel, wenn schon nur wenigen. Aber noch mehr will er haben von seinen Untertanen. Abgaben nämlich, weil er viel, viel Geld braucht. Davon habt ihr oben in Schellenberg gar keinen Begriff. Kommt mit mir und sehet.“

            Der Hofmann führte die Schellenberger in die unlängst erst erbaute katholische Hofkirche, diese Zierde Dresdens. Fingerling und die Kinder zogen erschrocken und wie Kraniche ihre Füße in die Höhe, da sie von ihrem Begleiter vernahmen, dass sie auf teuren Marmelsteinen

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