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mit dem Mädel verfahren. Ich glaube, dass ihre Mutter zum großen Teile die Schuld an ihrem Fehler trägt. Sie hat ihr Kind verwahrlost. Erinnerst du dich noch des ärgerlichen Falles, wo die Schwägerin auf dem Jahrmarkte in einer Bude das Stück Seidenband mitgehen hieß, als sie gerade - - Kurz, Sibylle hat den Fehler von ihrer Mutter geerbt, und darum muss man wirklich ein Auge zudrücken.“

            „Nein! Nein!“ versetzte Fingerling heftig. „Haben wir nicht alle die Lust zur Sünde von dem ersten Elternpaare geerbt? Aber der liebe Gott hat uns wiederum Kraft verliehen, dem Bösen widerstehen zu können. Widerstehe dem Teufel, spricht die Schrift, so fliehet er von dir. Sollte es uns mit Gottes Beistande nicht gelingen, Sibylle das Stehlen abzugewöhnen, so muss sie fort von uns.

            Wie hatte ich mich auf die Heimkehr gefreut. Ich hatte guten Handel gemacht, mehrere Tage euch nicht gesehen und wollte nun morgen zum Sonntage so recht vergnügt mit euch sein. Da muss ich den doppelten Schrecken, das zweifache Unglück erleben! Es ist doch alles eitel Schaum und Trug in dieser Welt!“

            So klagte Fingerling, bis er sich zur Ruhe niederlegte. Denn seine Frau ließ sich's nicht nehmen, bei Gustel zu wachen, weil ihr Mann den weiten und beschwerlichen Weg zurückgelegt hatte und gewiss der Ruhe dringend bedurfte. Wirklich schlief dieser bis gegen Mitternacht recht fest. Dann aber ward er munter und lauschte nach seinem Töchterlein. Bei dem matten Schein eines kleinen Lämpchens sah er, dass

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