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Bärenwärter in das Schloss gerannt. Was von Schellenbergs noch übrigen Bewohnern abkommen konnte, folgte der beflügelt herzueilenden Mutter Gustels. Man male sich deren Gefühle aus, da diese ihr geliebtes Kind unter den Klauen des schwarz - braunen Ungeheuers erblickte, als die Kleine, ihre Mutter über sich sehend, das gesunde Ärmchen ausstreckte und flehend und schluchzend ausrief: „Ach, gute Mutter, ich fürchte mich!“

            Noack, der Bärenwärter, kam auch, freilich nicht so rasch als Frau Fingerling, und dabei murrend.

            „Längst schon habe ich's prophezeit,“ sprach er, „dass es noch einmal so kommen würde. Das drängt und treibt drauf los, als wenn es sich um Kirmeskuchen, anstatt um wilde Bären handelte. Nun soll ich das Übel wieder gut machen! Aber wie? Frage ich. Es ist wahr, die Bären kennen mich; aber wenn ich selbst Petzens Bruder wäre, getraute ich mir nicht, ihm das Mädel unter der Nase wegzuziehen. Was hilft mir mein Zähmen das lange Jahr hindurch? Eine einzige Hetze in Dresden reißt alles wieder ein, was ich mit Mühe erbaut habe. Wenn wir erst jüngst eine solche gehabt hätten, so wäre die Kleine schon zermalmt und zerrissen. Ein Gebiss hat der Bär, Zähne so lang und dick wie mein kleiner Finger. Ein Knipp und Druck - und des Kindes Kopf ist ab wie

Eine reife Pflaume.“

            Eine solche Rede war nicht geeignet, die Zuhörer aufzurichten, noch weniger, die unglückliche Mutter zu trösten. Händeringend flehte diese die Männer um deren kräftigsten Beistand zur Rettung ihres Kindes an.

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