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sich vernehmen ließen. Auch das große Tagesgestirn, die goldene Sonne, machte Anstalt, sein von Farben reich prangendes Lager zu suchen. Noch einige Flammenblicke, welche die weite Natur mit einem warmen Farbentone verklärten, und die Himmelskönigin verschwand aus dem geblendeten Auge des Sterblichen. Aber noch lange strahlte in deren Glanze, gleich einem blitzenden Juwele aus einem dunklen Kleide, die hohe Augustusburg mit ihren weißen Mauern und spitzen Zinnen. Zum flammenden Leuchtturme ward sie für das weite Erzgebirge, auf welchen jetzt zahllose Menschenaugen mit stillem Entzücken hinschauten.

            Auch in dem Städtchen Schellenberg war die Zeit der Ruhe gekommen. Die Meister, Gesellen und Lehrburschen, die Hausfrauen und die Mägde legten ihre Arbeit hin. Sie alle, und des Hauses Kinder mit ihnen, reihten fröhlich sich um die Abendtafel, unter Dank gegen den Geber aller guten Gaben dieselben zu genießen. Heitere Gespräche und fröhliche Scherze würzten die einfache Kost, auf welche der sanfte, süße Schlaf eines ruhigen Gewissens folgte.

            Und Sibylle?

            Ach, diese hatte sich selbst das Strafurteil gesprochen. Unstät und flüchtig, wie Kain nach dem Brudermorde, irrte sie umher, angstvoll jedem Begegnen eines Menschen ausweichend und vor ihm sich scheu verbergend. Für sie läutete nicht die Abendglocke zur Ruhe, deckte sich kein Tisch, dampfte keine Schüssel, öffnete sich kein Mund zur freundlichen Rede, wartete

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