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            „Wo ist meine liebe Frau?“ Fragte er mit Anstrengung.

            Als Antwort deuteten der Finger viele auf eine blutgenetzte Leinwandhülle hin, unter welcher die entstellte Leiche der Frau Fingerling ruhte. Deren Mann verstand diese stumme Sprache.

            „ Meine Ahnung!“ Versetzte er matt. „Aber getrost, liebe Frau! Noch in dieser Stunde finden wir uns wieder zusammen. Mir hat davon geträumt. O so schön! So süß! Wir waren mit einander im Paradiese - doch, wo ist mein Kind?“

            Gustel, welche ihr Haupt auf des Vaters Schmerzenslager gebettet hatte, erhob ihr dick verweintes Antlitz, um den Vater traurig anzusehen. In unverkennbarer Zärtlichkeit ruhte Fingerlings Blick einige Sekunden auf dem Kinde. Den vergeblichen Versuch aber, seine Rechte segnend aus dessen Haupt zu legen, bezahlte er mit einem schweren Seufzer und schmerzbewegten Zügen. Sich stark machend, sprach er feierlich:

            „Der Herr segne dich!“

            Jetzt erkannte Fingerlings, bereits im nahenden Tode verlöschender Blick Sibylle neben seiner Tochter. Da heftete er das sterbende Auge, bittend und bohrend zugleich, auf das Mädchen, und seine bleichen Lippen stießen mit der letzten Anstrengung die zwei Worte hervor: „Bleibe - ehr - lich!“

            Gleichwie der letzte Wasserstrahl aus einer sich entleerenden Tonne mit aller Macht noch herausschießt, so auch

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