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Erde trank begierig ihn auf. Was die gesamte Einwohnerzahl des volkreichen Erzgebirgs in vielen Monaten, ja wohl Jahren nicht hätte bewirken können, der Erde ihr weißes Winterkleid auszuziehen, vollbrachte der Hauch des allmächtigen Gottes in wenig Tagen. Und nicht anders war es, als ob auch von der Menschen Herzen eine schwere Winterdecke gelüftet würde, denn sie schlugen noch einmal so leicht und fröhlich dem nahenden Lenze entgegen. Hast du, lieber Leser, doch gewiss auch das unbeschreibliche Wonnegefühl empfunden, das mit dem Erwachen der Natur aus ihrem langen Winterschlafe in uns einzieht. Während des Herbstes heitere Tage uns mit einer wehmütigen Trauer über das schnelle Entfliehen der schönen Zeit erfüllen, atmen wir im Lenze eitel Lust und Wonne ein. Ob nicht die Lust im Lenze anders gemischt sein mag als im Herbste und Winter? Darüber könnten uns wohl die Zersetzer derselben, die Herren Chemiker belehren.

            Es war Sonntag. Die Sonne stand wieder wärmend am reinen Himmel, und in des Städtchens Gärten schlugen fröhlich die Finken. Und lieblicher als im starren Winter läuteten die Kirchenglocken und riefen nicht vergeblich die Gläubigen zum Dienste des Herrn. Festlich gekleidet und das Gesangbuch unter dem Arme, schritten die Schellenberger dem Gotteshause zu. Nur wenige, deren Gegenwart daheim unumgänglich nötig war, schlossen sich davon aus. Auch Fingerling, an seiner Seite Sibylle, befand sich unter den Andächtigen. Seine Frau dagegen war daheim

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