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Musik schallte daraus hernieder in die stillen Straßen, wo das Volk neugierig zu den hohen, hell erleuchteten Fenstern emporblickte. Der reichen Männer und Frauen viele hatten sich in Purpur, in köstliche Seide und Leinwand gekleidet, mit goldenen und silbernen Stickereien und Zieraten bedeckt, mit blitzenden Edelsteinen behangen. Der König trug seine Million an sich. Jeder seiner beringten Finger galt zehntausend Taler. Und dennoch war er, ach, so arm! Keinen treuen, aufrichtigen Freund besaß er. Nur feile Schmeichler und Hofschranzen. Es lag aber einer seiner ärmsten Untertanen, wenn auch gerade nicht vor seiner Tür, doch in seiner Nähe. Und nicht auf dem nackten Erdboden, sondern auf einem Lager von Stroh. Körperlich krank war derselbe nicht, aber, was noch schlimmer, geistig krank. Die Kunde von den Schlechtigkeiten des Hoflebens hatte den Haderlump geisteskrank gemacht, doch nicht ganz ihm die Ruhe zu rauben vermocht. Er schlief bis gegen Mitternacht. Da ward er munter, indem er fühlte, dass warme Tropfen ihm auf seine Rechte fielen. Verwundert blickte er auf. Der Vollmond zeichnete die Eisengitter auf des Gefängnisses Fußboden ab, und bei seinem Schimmer erkannte der Hadersammler Sibylle, welche auf seiner Hand weinte und bitterlich schluchzte.

            „Warum schläfst du nichts' fragte er sanft. „Ich bin ja bei dir und dein Bruder und der liebe Gott dazu.“

            „Vergebt mir, Vater!“ Versetzte Sibylle zerknirscht, „ich bin an Euerm und unserm Elende schuld. Nicht

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